UM MICH HERUM GESCHICHTEN

Luna Al-Mousli hat am Donnerstag, den 1.6.2023 bei uns in der matchBOX gelesen — und mit uns gelacht! Geboren in Melk, Aufgewachsen in Damaskus, STUDIERT an der angewandten in Wien – bewegen sich ihre Arbeiten im Spannungsfeld von Literatur, Kunst und Aktionismus. Und bLEIBEN: AUF DER SUCHE.

Es war die letzte Station einer längeren Lese-Tournee, die Luna nach Deutschland und in die Schweiz führte. Und es wurde, wie so oft in der matchBOX, ein Heimspiel für alle Beteiligten.

Luna erzählte, Luna las und Luna stellte sich mit ansteckender Lust und Offenheit allen Fragen von Wolfgang Tonninger und den interessierten Gästen. Was begeisterte, war - neben den Leseproben - vor allem der erfrischende und lebensnahe Zugang zur altehrwürdigen Literatur. Sie sei hineingestolpert in diese Disziplin, erzählte sie. Ihr erstes Buch war eigentlich die Abschlussarbeit an der Angewandten, ein emphatisch designtes und bis in die Typographie durchkomponietes bibliophiles Kunstwerk in einer Auflage von 10 Stück.

Für den Verlag war das alles “etwas steil” erinnert sie sich, als sie mit fertigem Buch und präzisen Produktionsvorgaben dort anklopfte. Aber dem Zufall wollte sie dieses Projekt auf der Zielgeraden auf keinen Fall überlassen.

EINE TRÄNE. EIN LÄCHELN. MEINE KINDHEIT IN DAMASKUS war der verheißungsvolle Startschuss ihrer literarischen Laufbahn. Der Einband aus weichem Samt steht im Kontrast zu den schmerzlichen Erinnerungen, die der rote Farbverlauf im Bug des Buches andeutet: “Es ist auch jetzt für mich immer noch sehr schwer darüber zu reden, wie es war und vor allem wenn man vor Augen hat, wie es jetzt ist. Und es ist für mich jedes Mal, wenn man das Buch aufmacht und lesen will, wie wenn man in eine Wunde reinschaut. Und diese Wunde dann auch wieder schließt, wenn man das Buch schließt."

Mit UM MICH HERUM GESCHICHTEN und ALS OMA, GOTT UND BRITNEY SICH IM WOHNZIMMER TRAFEN. ODER: DER ISLAM UND ICH gab Luna Al-Mousli eine wunderbare Kostprobe ihres Schaffens. Und auch ein stimungsvolles Bild ihrer Entwicklung als Literatin – von den sehr persönlichen Erinnerungen aus der ICH-Perspektive, zu fünf durchkomponierten ERZÄHLUNGEN aus der Perspektive der Gegenstände, die mit ihren Protagonisten die kulturelle Zerrissenheit der Entwurzelten* ausloten.

Wobei – das mit der Entwicklung ist alles andere als gesetzt. “Ich denke Bücher als Projekte. Und die Projekte machen ganz unterschiedliche Herangehensweisen und Stile erforderlich. KLATSCHEN REICHT NICHT – mein Buch mit Portraits über Systemheldinnen ist naturgemäß viel reportagiger als die Erzählungen. Keine Ahnung, welches Projekt mich als nächstes fesselt. Ich bin gespannt.”

Wir sind es auch, liebe Luna.
Und schau vorbei in der matchBOX, wenn du in Salzburg bist!

*Das mit der Entwurzelung sagt sich so schnell. Aber natürlich ist das etwas, das zwischen dem Gefühl “Zuhause zu sein” und “Heimat” steht bzw. dafür verantwortlich ist, dass diese beiden Gefühlszustände nicht einfach zur Deckung gebracht werden können. Einen Tag nach der Lesung von Luna Al-Mousli lese ich den GEMISCHTEN SATZ von ZEIT-Redakteur Christian Ankowitsch, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt und immer noch fremdelt. Ganz bewusst fremdelt, wohlgemerkt, weil er sich damit beweglich hält: “Ich fühle mich halb dabei und halb draußen und schlingelschlangel unberechenbar zwischen den beiden Aggregatzuständen hin und her. Wie ich mich fühle, hängt von meiner Tagesform ab …”

An diesem Tag hat die Form jedenfalls gestimmt, bei Luna!