Wir sehen es jeden Tag: dass die Geschichten, die andere über uns erzählen, beflügeln aber auch lähmen können. Und wie wichtig es ist, die Autorschaft über seine eigene Geschichte einzufordern, um nicht den Festschreibungen der anderen hinterherzulaufen, ein Leben lang.
Daraus ist, im Zusammenspiel mit dem wunderbaren Fotografen Enrique Pasquali, die Idee für die Ausstellung “VON WO ICH MICH SEHE” entstanden. Eine Serie aus Wort-Bild-Collagen, in denen die Portraitierten in ihrer Individualität zu leuchten beginnen und damit den herrschenden Diskurs über Flucht und Heimat herausfordern. Das war die Ausgangsidee. Für das Salzburger Dialogjahr 2019 wurde diese Portraitserie von “Geflüchteten” nun um 8 Portraits von “Einheimischen” erweitert. Das Ergebnis ist eine Wanderausstellung aus 16 Bildern und Zitaten, die nicht nur mit dem Publikum, sondern auch untereinander in Dialog treten. Indem sie Geschichten andeuten, die im Auge und Herzen der Betrachterin weitererzählt werden.
Das Setting war sehr speziell. Anstatt jedem Portraitierten die gleiche Frage zu stellen, ließen wir uns mit jedem Gegenüber auf ein Gespräch ein und erkundeten gemeinsam und sehr individuell das Terrain, in dem Identität geformt wird. Und ließen uns überraschen. Wie von Randa Abdulla (siehe erstes Bild der Gallerie), die lange über die Suche nach ihrer Rolle als Frau hier in Österreich sprach, ehe sie einen Moment lang innehielt, um mit einem Leuchten in den Augen festzuhalten, dass sie eigentlich gar keine Syrerin sei. Und dann erzählte sie von Palästina, vom See Genezareth und dem Ort Tiberias, wo ihre Großmutter lebte. Sie beschrieb die rotbraune Erde ihrer Heimat, die so fruchtbar war, dass alles, was sie fallen ließ, zu wachsen begann. Daraus entstand dieser eine Satz. Das Leuchten ist im Bild zu sehen.
Brücken schlagen. Gratwandern.
Zwischen gestern und heute.
Wer bin ich?
In meinen Augen und in den Augen der anderen?
Wie verwandelt dein Blick auf mich das Bild, das ich von mir habe?
Wo beginne ich? Und wo ende ich?
Bin ich die Antwort schuldig oder mehr die Frage?
Der Weg, den ich gehe, wird erst sichtbar, wenn ich mich umdrehe.
Durch die Spur, die ich hinterlasse und die ich nicht mehr bin.
Endlich siehst du mich da, von wo ich dich sehe.