Tankstelle

Traumjob an der Tankstelle

Naser Eshaqhzahi hat einen Namen, den man sich merkt, aber nicht aussprechen kann, dachte ich zunächst, bis mich Naser aufklärte und mir sagte, dass man ohnehin "Esak" sagt.

Ich war irgendwie erleichtert und wir begannen unser Erstgespräch, das wir im Fachterminus auch "Profiling" nennen, was natürlich viel professioneller klingt, aber darüber hinwegtäuscht, dass so ein Erstgespräch im besten Fall ein Gespräch auf Augenhöhe ist, durch das man/frau sich ein Bild vom Gegenüber machen kann. Wir vom Menschen, der zu uns kommt, und der Mensch von uns, die wir ihn begleiten. Eine Bildgebung also, die in beide Richtungen passiert und passieren muss, aber das versteht sich ja von selbst, wenn wir von Augenhöhe sprechen. Wir wollen wissen, wer da vor uns sitzt und wir wollen auch transparent machen, dass unsere Begleitung nur dann stattfindet, wenn die Aktivität gut verteilt ist. Weil mit verschränkten Händen noch keiner eine Arbeit fangen geschweige denn halten konnte.

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Ich kenne Naser nun seit ungefähr 4 Monaten und muss sagen, dass sich mein Bild von ihm in dieser Zeit sehr verändert hat. Auch, weil Naser sich verändert hat. Er, der mit seinen Eltern aus Afghanistan fliehen musste und seine halbe Kindheit als U-Boot im Iran verbracht hat. Er, der keinen Pflichtschulabschluss vorzuweisen hat und lange Zeit gern die Schuld bei anderen gesucht hat, was in seinem Fall ja beinahe naheliegend war, wenn man auf sein Leben schaut, hat sich in diesen wenigen Monaten selbst am Schopf aus dem Sumpf der Larmoyanz gezogen, ist aufgestanden und aktiv geworden. Hat Bewerbungen geschrieben, an Türen angeklopft, zum Telefon gegriffen, genetzwerkt mit seinen bescheidenen Möglichkeiten. Aber er hat es getan, ist umgefallen, aufgestanden und weitergegangen, leicht hinkend, weil er das eine Bein etwas nachzieht. Nie wissend, wie er das Geld zusammenbringt für die Fahrt zum nächsten Kompetenzcheck, zum nächsten Bewerbungsgespräch. 

Und dann, in der Zielgeraden hatten wir plötzlich die Wahl. Auch, weil das AMS Hallein uns super unterstützte. Ein Lehre als Koch oder einen Job als Tankstellenwart bei Shell in Kuchl. Mein erster Impuls war natürlich die Lehre, die ihm neue Perspektiven eröffnet, aber Naser wollte endlich einmal arbeiten und sein eigenes Geld verdienen. Auf seinen eignen Füßen stehen. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Es gibt große Ziele. Und es gibt kleine Ziele. Und dazwischen gibt es den Traumjob Tankstellenwart. Endlich! Ein erster Schritt. Das größere Ziel werden wir im Auge behalten. Versprochen!