Film Matinée: JEDERMANN AUF REISEN

5. Februar 2022. Was für ein Tag!

Es ist Zeit, Atem zu holen. Es ist Zeit, loszulassen. Es ist Zeit, sich von Neuem auf den Weg zu machen. Es ist an der Zeit, Danke zu sagen.

Danke an OMAR KHIR ALANAM, dass er sich mit uns auf diese unsichere Reise machte. Danke an PHILIPP HOCHMAIR der aufgesprungen ist, ohne uns zu kennen und alles gegeben hat. Danke an DANIEL SZELÈNYI, der im Film feinfühlig die Rutsche legte zur Welt des Max Reinhardt. Danke an JOHANNES SILBERSCHNEIDER, der Max Reinhardt mit seiner Gänsehautstimme lebendig werden ließ. Danke an MANUELA STRIHAVKA, die ORF III Programmchefin, die nicht nur Helene Thimig sprach, sondern auch das Taxi lenkte und das Kuckucksei mitbrütete. Danke an die Location Manager THOMAS BIEBL vom Schloss Leopoldskron und ANDREAS FUDERER vom Wiener Stadtsaal. Danke an die Musiker MANFRED LEUCHTER und KINAN AZMEH und – last but not least – den genialen KURT RAZELLI.

Danke an alle, die am Entstehen des Films mitgewirkt haben – allen voran WALTER FANNINGER für seine großartige Kameraarbeit und sein Genie am Schnittpult. Danke an CHRISTIAN HÖLL, Gigi, für seine feine Tonmischung. Danke SIEGRID CAIN für die einfühlsame photographische Begleitung. Danke an ANDREAS POHL und ZORICA VILOTIC vom ORF für Archiv-Recherche und Sprachaufnahmen. Danke an ROMY SIGL fürs Rutschnlegen ins Schloss Leopoldskron. Danke an alle Sponsoren, Partner, Spender*innen, Mitglieder*innen und Wegbegleiter*innen.

Danke an ein wunderbares Premierenpublikum, das so enthusiastisch war, dass man es knistern hörte. Danke an unsere Gastgeberin RENATE WURM und ihr engagiertes Team vom Filmkulturzentrum DAS KINO.

Slideshow einfach mit Maus oder Enter bedienen.

Und, zu guter Letzt, Danke an das fairMATCHING Team – ASTRID, KATRIN, SILKE und ABUZAR –, das die Neugier hochhält und jeden Tag einen Boden bestellt, auf dem die Möglichkeiten wachsen.

Danke an alle, die die Türen hinein in diesen Möglichkeitsraum offen halten. Damit wir über das Reden ins Tun kommen. Und nicht aufhören, über unser Tun zu reden und den Diskurs mitzugestalten.

Ein Beleg dafür ist JEDERMANN AUF REISEN. DIE WELTVERMESSUNG EINES HEIMATLOSEN. Der nächste kommt bestimmt …

Überflieger landet im Grünen

„Hallo Katrin, ich bin jetzt Küchenchef im green garden und suche nach Mitarbeitern - kannst du mir dabei helfen?“

Diese Nachricht hat bei mir ein riesen Glücksgefühl und eine so wohltuende Bestätigung ausgelöst, wie ich es selten erlebe. Wieso? Weil der Verfasser der Nachricht ein ehehmaliger Bewerber ist, der vor nicht allzulanger Zeit selbst als Küchenhilfe bei The Green Garden zu arbeiten begonnen hat!  

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Ali hat sich von Anfang an als „Überflieger“ präsentiert. Er hat herausragend gut Deutsch gesprochen, war motiviert, zielstrebig und offen für alle Optionen. So hat er vor gut 18 Monaten im The Green Garden als Küchenhilfe zu arbeiten begonnen. Die Stelle sollte eigentlich nur ein Übergang sein, bis er eine Lehrstelle im Baubereich findet. Und weil das bei Überfliegern wie Ali meist nicht lange dauert, war das nach ca. einem Monat schon der Fall. Seiner Chefin Julia ist der Abschied auch nach nur kurzer Zeit sehr schwer gefallen, weil er wie sie sagte: „der absolute Wahnsinn ist“.

Nach zwei Monaten Lehre konnte Ali diese unerwartet aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiter machen. Und kontaktierte daraufhin Julia – die ihn mit offenen Armen wieder aufgenommen hat. „Ali ist der Einzige, den ich ein zweites Mal einstelle.“ lacht sie. „Weil er so eigenständig und wissbegierig ist. Er kann alles, sobald er es einmal gesehen hat“ so Julia, die Besitzerin von The Green Garden.

Und eben deswegen ist Ali nun gut ein Jahr später, der Hauptverantwortliche für die Küche – was für eine geniale Erfolgsstory!

Nachdem wir diese sehr gerne wiederholen wollen, weisen wir nochmal auf den Anfang der Geschichte hin: The Green Garden sucht nach MitarbeiterInnen. Ein extrem offenes, multikulturelles und innovatives Unternehmen, wo Chancengleichheit und Augenhöhe gelebt wird.

Wer diese Chance ergreifen will kann sich bei Julia oder fairMATCHING melden.

Heimat neu interpretiert

Langsam nimmt unsere matchBOX an Fahrt auf. Wir sehen es an den Vermischungen, die plötzlich ohne Vorwarnung passieren. Ein Tennegauer Konditor entdeckt unsere Küche, die es noch gar nicht gibt, und will uns nicht nur Küchen-Hardware überlassen, sondern auch mit seinem Know-how unter die Arme greifen. Eine iranische Architektin entdeckt für sich die WERKSTOD als Raum für ihre Ton-Arbeiten.

Und Auch Besuche, wie der des Künstlers Günther Konrad, der uns eine wunderbare Leihstellung für unsere MATCHING-Räume überbrachte, zeigen, dass die matchBOX nach dem langwierigen und frustrierenden Lockdown der letzten Monate langsam zu einer Drehscheibe wird, auf der sich Dinge neu formatieren.

Konrads Werkserie von Collagen und Übermalungen trägt den Titel „Covert and discovered history“. Sie leben aus den Gegensätzen, die sich zwischen Bildern der Hochkultur und den neuen ungezügelten Bildwelten der Street-Styles ergeben. Diese eigens angefertigten Bilder werden digitalisiert und am Computer neu arrangiert. Auf der einen Seite begibt Konrad sich in die Vergangenheit, sucht nach kunstgeschichtlichen Artefakten der Hochkultur aus vergangenen Epochen und auf der anderen Seite arbeitet er an neuen, wilden, ungezügelten, Bildwelten analog und digital. Er verflüssigt festgeschriebene Codes und schafft damit eine neue visuelle Grammatik. Ziel ist es, Gegensätzliches in einen neuen Zusammenklang zu bringen, ohne zu harmonisieren.

In unserem Fall ist es der norwegische Maler Hans Andreas Dahl, dessen romantische Darstellung eines Mädchens in einer Fjordlandschaft Günter Konrad als Basis dient, um sie mit seinen eigenen Zeichnungen, Spraypaintings und Übermalungen zu assemblieren.

Hans Andreas Dahl: Young girl in a fjordlandscape

Hans Andreas Dahl: Young girl in a fjordlandscape

Das Ergebnis dieser künstlerischen Aneignung und Wiederentdeckung ist eine faszinierende Collage aus Heimat und Aufbruch, Geborgenheit und Verwirrung. “Das ist exakt die Spannung, in der wir als fairMATCHING hier im pittoresken Land Salzburg tätig sind”, dachte ich mir, als ich das Bild zum ersten Mal sah und mich spontan verliebte."

Günter Konrad: Covered and discovered history, 181, Refugees welcome

Günter Konrad: Covered and discovered history, 181, Refugees welcome

Diese De-Collage aus dem Jahr 2017 hat die Nummer 181 aus der erwähnten Serie „Covert and discovered history“ und trägt den ebenso geschichtsträchtigen wie umstrittenen Titel “Refugees welcome”.

Ich nenne sie für mich “Heidi goes Diversity” und freue mich sehr, dass es uns nun jeden Tag aufs Neue inspiriert. Wir sind schon gespannt, für welche Impulse diese künstlerische Intervention sorgen wird. Freue mich schon auf das Künstlergespräch in der matchBOX irgendwann im Herbst.

JEDERMANN AUF REISEN

Die Weltvermessung eines Heimatlosen oder: Zwischen Liebe, Tod und was dazwischen liegt …

Was für eine Reise! Das hätte sich niemand von uns gedacht - als wir im Herbst 2020 überlegten, im Schloss Leopoldskron eine “Lesung für die Katz” zu machen, weil #corona-bedingt keine Zuschauer erlaubt waren.

Damals wussten wir nur, dass wir etwas Filmisches mit OMAR KHIR ALANAM machen wollten, dem syrischen Autor und Freund, dessen Entwicklung wir nun seit 3 Jahren aufmerksam verfolgen. Und wir wussten bald (nach einer ersten Begehung mit den überaus kooperativen “Schlossherren” Thomas Biebl (Salzburg Global Seminars) und Daniel Szelényi (Hotel Schloss Leopoldskron), dass der Geist von MAX REINHARDT in der Bibliothek des Schlosses Leopoldskron spürbar war wie an kaum einem anderen Ort. Damit kam der neue Arbeitstitel “ZWISCHEN DEN STÜHLEN” und die Idee, die Geschichte einer unmöglichen Begegnung zu erzählen – zwischen OMAR un MAX, über Orte, Zeiten und Kulturen hinweg.

Keine historische Annäherung also an MAX REINHARDT, sondern eine Standortbestimmung von OMAR, die sich an der Person des Theatermachers entzündet. Dieser Umweg über den Anderen markiert eine Spurensuche, die den Autor immer wieder auf das zurückwirft, was seine Identität ausmacht. Damit wird Max Reinhardt, der Abwesende und überall fremd Gebliebene, Teil eines Vexierbildes, in dem immer neue Perspektiven freigelegt werden.

Alle Fotos von Siegrid Cain, die das Making-Of dieses Films wundervoll begleitete …

Das war die Idee, wie gesagt. Eine Idee, die immer auch mit der Vision von fairMATCHING flirtet – weil wir ja Plattform sein wollen, für Menschen und Projekte, die mit unserer Unterstützung neue Möglichkeitsräume öffnen. Und dann tauchten wir hinein in das Filmprojekt – der Walter Fanninger hinter den Kamera und ich – und machten uns auf die Suche nach dem Weg und den Rhythmus, den diese Geschichte verlangt. Ein Drehbuch enstand, Inszenierungspartikel, die wir immer wieder ein- und verwarfen, weil wir uns ja – mit einigen dokumentarischen Wassern gewaschen – vor allem überraschen lassen wollten von all dem Unvorhersehbaren, das die Realität des Sets mit sich brachte.

Wir geben mit unserer Inszenierung die Leitplanken vor und werden dabei ständig von der Realität überholt. So ist das Leben.

Und dann trat PHILIPP HOCHMAIR auf den Plan, der uns mit seiner One-Man-Performance „Jedermann-reloaded“ in den Bann zog. Und mit ihm ging eine neue Tür auf, in einen Raum, in dem diese essayistisch getragene Spurensuche in der Begegnung mit dem Schauspieler sich zuspitzt, der im Dialog mit OMAR darüber nachdenkt, wie er den Theaterboden und damit sich selbst ununterbrochen neu verlegt. Plötzlich ist alles Zwiesprache. Fleisch und Blut und ultimative Umkehrung. War es vorher der fremde Blick des syrischen Autors auf uns Vertrautes, ist es am Ende der Schauspieler, der den syrischen Autor auf der Bühne zum Kulturduell bittet. Die Stationen der Reise – Damaskus, Salzburg, Wien – bilden den reflexiven Rahmen für diesen Film-Essay. 

Unvorhersehbar in diesem Projekt war auch das Quotenthema, das plötzlich aufpoppte. Einen Film mit vier Männern machen – Max, Omar, Philipp und Daniel – das geht überhaupt nicht, im 21. Jahrhundert. Aber was, fragten wir zurück, wenn die Protagonisten der Geschichte zufällig vier Männer sind? Das Gute an dieser Auseinandersetzung war, dass dadurch die Stimme und Perspektive der HELENE THIMIG Einzug hielt in diesen Film und uns eine zusätzliche Lektüreebene schenkte. Wieder geht eine neue Tür auf – in einen Raum, in dem plötzlich nicht nur MAX REINHARDT sitzt, sondern auch ein Gedicht von OMAR KHIR ALANAM. Helene schlüpft in immer neue Rollen. Nur die eine, die sie immer spielen wollte, “erlaubte” ihr ihr Lebensgefährte nicht. Dass die “Iphigenie auf Tauris” eine Exilfigur ist, ist vor diesem Hintergrund alles andere als ein Zufall.

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Das Terrain wird immer komplexer, unsicherer. Wer spricht gerade mit wem und durch wen? Je mehr wir uns vorwagen, umso klarer wird uns, dass Geschichten und Realitäten keine Gegensätze sind; und dass das Dokumentieren der Realität und der Gestaltungswille eng miteinander vewoben sind. Während wir programmatisch unserer eigenen Inszenierung folgen, werden wir ständig von der Realität überholt. Ich spreche von einer Form des Schaffens, die gleichzeitig experimentell, dialogisch und reflexiv ist. Wir schreiben nicht vor, was gesagt oder getan werden soll. Stattdessen setzen wir Leitplanken, in denen sich die Protagonisten szenisch bewegen. Überraschung und ständige konzeptionelle Neuanpassung sind ein wesentlicher Teil des Spiels. 

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„Jedermann auf Reisen“ ist eine Co-Produktion mit dem ORF. Der Film wird im Herbst 2021 als hintergründiger Kommentar zum Jubiläum „100 Jahre Salzburger Festspiele“ ausgestrahlt.

Danke an alle, die uns unterstützt und sich mit uns auf den Weg gemacht haben!

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Die Bücher von Omar Khir Alanam:

  • Danke! Wie österreich meine Heimat wurde. edition a, 2018

  • Auf der Reise im Dazwischen. Edition Thanhäuser, 2019

  • Sisi, Sex und Semmelknödel. Ein Araber ergründet die österreichische Seele. edition a, 2020

 



























Wir sind am Durchstarten!

Dezember 2019 – dem Kalender nach noch nicht lange her … gefühlt liegt dieses Datum in einer anderen Zeit. Eine Zeit, in der wir auf ein erfolgreiches Jahr für fairMATCHING zurückblicken durften. Eine Zeit, in der wir beflügelt waren von einem spannenden EU-Projekt (FIER), dessen Teil wir sein durften. Und beflügelt von einem weiteren wundervollen fairMATCHING Charity Dinner, das im Schauspielhaus stattfand.

Wir wussten – jetzt einmal mehr – wir wollen, können, müssen neue Ideen und Projekte entwickeln um weiter über den Tellerrand zu blicken.

Und luden deshalb am 22. Dezember noch kurzerhand eine sehr inspirierende Runde an Menschen ein, von der jeder für sich Erfahrung mit dem Thema „Active Citizenship“ hatte – ein Thema, in das wir schon länger tiefer eintauchen wollten.

Dabei war auch das Support Group Network aus Schweden mit Ziyad Tarek Manal Jarmoukly, die mit uns in dieser Runde einen wunderbaren Workshop machten, den wir mit klaren Visionen und Zielen beendeten. Unser Projekt „matchBOX“ war geboren.  

Es wurden Konzepte geschrieben, Räumlichkeiten gesucht, Investitionen geplant und mit Förderpartnern kommuniziert. Und dann…. kam mit Corona die Pandemie!

Dadurch verfielen wir – wie der Rest der Welt – erst einmal in eine gewisse Starre. Eine Starre, in der es zunächst nur mehr um die essentiellsten Bereiche unserer Arbeit und die Bedarfe unserer Bewerber*innen ging.

Als sich die Lage dann etwas entspannte und man sich wieder „traute“, an neue Projekte zu denken, kam auch die matchBOX wieder in den Vordergrund. Wir stellten uns die Frage, ob das immer noch etwas ist, was eine Gesellschaft, geprägt von Corona, braucht? Und unsere Antwort war klar: JA, MEHR DENN JE!

Die immer wiederkehrenden Lockdowns und Maßnahmen führten dazu, dass wir in der Planung und Umsetzung etwas zaghafter waren als sonst. Aber: Wir haben unser Vorhaben nicht aus den Augen verloren. Und mit Optimismus, Kreativität, einem starken Netzwerk und viel Flexibilität haben wir es geschafft, Räumlichkeiten zu finden, diese zu adaptieren und unser Büro umzusiedeln.

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Die matchBOX als Raum, in dem Neues entstehen und dieses Neue auch gestaltet werden kann. Ein Raum, in dem sich Reden und Tun die Hand geben. Ein Raum, der nur im Miteinander wachsen kann.

Nun, 1,5 Jahre später, in der gefühlt anderen Welt, konnten wir endlich das erste Kick-Off-Treffen für unsere matchBOX umsetzen. Der Plan war, dieselbe Runde wie im Dezember 2019 einzuladen. Es wurde dann doch eine andere. Aber es war die richtige! Menschen aus der Community, die wissen, wo die Probleme, Wünsche und Herausforderungen liegen.

Das herauszufinden und daraus neue Formate, Angebote und Projekte zu entwickeln ist unser Ziel. Der erste Schritt dafür sind unsere offenen Nachmittage. Jeden Dienstag von 14-17 Uhr sind alle, die Lust haben, in der openBOX willkommen.

(Vogelweiderstraße 8a, Eingang an der Straßenseite).

Zwischen den Stühlen

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„Glück ist eine Oase, die zu erreichen nur träumenden Kamelen gelingt“.

Das ist keine Binsenweisheit, sondern eine Beduinenweisheit, die Omar Khir Alanam mit leichter Hand aber alles andere als beiläufig in sein neues Buch streut. Wie so vieles ganz ohne Ausrufezeichen, aber mit der Empathie und Neugier dessen, der sich seine Heimat neu bauen muss, neu bauen darf, neu bauen will. Heimat – ein großes Wort, das sich im Kleinen versteckt. Sie zu suchen bedeutet die Welt, die vor einem liegt, neu entdecken. Egal, woher du kommst. Mit einem Blick, der zugleich nach vorne und zurück schaut.

Ich habe das Glück, Omar seit einigen Jahren zu kennen. Als wir uns das erste Mal trafen, ich weiß es noch ganz genau, es war vor dem Eingang der Academy Bar in Salzburg – wir veranstalteten einen Abend zum Thema „Heimat 2.0“, ich durfte den Abend moderieren und er war als Bühnengast und Autor eingeladen. Mit seinem druckfrischen Erstlingswerk „Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde“ unterm Arm setzte er sich vor der Veranstaltung zu mir an den Tisch, der in meiner Erinnerung mitten am Gehsteig stand. Wir stellten uns vor und begannen zu reden. Und die Worte kamen auf uns zu. Ungezwungen. Leichtfüßig. Den ganzen Abend lang.

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Omar kam vor 6 Jahren nach Österreich. Über Umwege von Damaskus nach Graz. Sein Buch „Danke!“ ist so etwas wie eine Annäherung an seine neue Heimat in einzelnen Stationen. Mit viel Witz und Empathie nimmt er uns bei der Hand und bringt uns dorthin, wo wir unsere Welt aus seinem Blick erfahren. Und merken, wie sich dadurch auch neue Fenster in die arabische Welt öffnen. Mit Omar lernen wir, in zwei Richtungen gleichzeitig zu schauen. Und dieses Lernen passiert wie von selber. Nicht im Kopf, sondern dort, wo das Leben zwischen den Kulturen greifbar wird.

Es wäre längst an der Zeit, Danke zu sagen. Danke, dass er unser Land und unser Denken seit Jahren bereichert. Doch Omar ist schon wieder weiter gezogen. Hat Poetry Slams gerockt und Gedichte geschrieben – auf seiner Reise im Dazwischen. Wunderbare Gedichte, deren Zeilen mich nicht mehr loslassen:

„Die Verlierer

sind die, die am häufigsten über den Sieg sprechen.

Lernte ich in Syrien.

Die Sicheren

sind die, die am meisten Angst haben.

Lernte ich in Österreich.“

Jetzt hat er auch noch einen Bestseller draufgesetzt, mein Freund. „Sisi, Sex und Semmelknödel“ ist keine Annäherung mehr. Es ist eine literarische Reflexion aus der Mitte des Landes heraus, wenn zwei Kulturen aufeinanderprallen. Bei Omar ist dieses Zusammenstoßen niemals laut oder brutal. Auch nicht abstrakt oder ideologisch. Sondern immer konkret, mit einer Prise Humor und mitten aus dem Leben. Er lebt und denkt und fühlt und liebt in diesem Land. Ist meiner Grazerin zusammen und mittlerweile stolzer Vater eines kleinen Jungen mit österreichischem Pass.

In dem Drehbuch, das ich gerade schreibe, lasse ich Omar am Anfang aus dem Fenster eines Taxis blicken. Die Landschaft zieht draußen vorbei und seine Stimme sagt folgendes, ohne dass er den Mund bewegt: „Mein Name ist Omar Khir Alanam. Ich bin der, der immer noch seinen Reisepass versteckt. Ich bin Flüchtling. Und ich werde es immer sein. Ich bin der, den jeder Politiker kennt. Ich bin in seiner Rede die Einleitung, der Hauptteil und der Schluss. Ich bin ein Muslim, der 70 Frauen hat. So hat es mir mein Nachbar erzählt. Meine Frau ist eine Grazerin. Sie hat mir einen Sohn geschenkt. ‚Woher kommst du, kleiner Mann?‘, frage ich ihn. ‚Von einem anderen Stern?‘“

Ich bin sehr dankbar, diesen Film-Essay mit und über Omar machen zu dürfen. Er wird „Zwischen den Stühlen“ heißen und in Salzburg gedreht werden. Im Schloss Leopoldskron, in dem der große Max Reinhardt die Salzburger Festspiele erfand. Der Film erzählt die Geschichte einer unmöglichen Begegnung – über Orte und Zeiten hinweg – und das Umkreisen und Hinterfragen des eigenen Standpunkts – zwischen den Kulturen.

"Kultur ist etwas", schreibt er, "das fast überall drinsteckt. Oder sollte. Im Körper. Im Geist. Im Verhalten. In der Kreativität. Im Boden eines Ackers. Ganz egal. Kultur ist Kraft. Zwei verschiedene Kulturen sind zwei verschiedene Kräfte. Wir können sie verwenden, um einander damit zu beschimpfen. Auszugrenzen. Zu hassen. Zu beschießen. Und zu töten. Oder wir können sie zu einer gemeinsamen Kraft bündeln. Wie einen Lichtstrahl, der aus vielen dünnen zu einem dicken wird und auf einen kleinen Mann auf eine Bühne fällt, der seine Beine nicht spürt."

Ich kenne einen Seefahrer, der hat in seinem Hosensack immer eine Kastanie von zuhause eingesteckt. Manchmal, wenn er Heimweh hat, holt er sie heraus, und knetet sie in seiner Handfläche. Der Druck, den er damit erzeugt, lindert den Druck, der auf seinem Herzen lastet. „Wer niemals von zuhause weg war, weiß nicht, was Heimat ist“, meint er, „und braucht es auch nicht zu wissen.“

Das Glück ist eine Oase, die ich mit geschlossenen Augen am besten sehen kann.

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Die Bücher von Omar Khir Alanam:

  • Danke! Wie österreich meine Heimat wurde. edition a, 2018

  • Auf der Reise im Dazwischen. Edition Thanhäuser, 2019

  • Sisi, Sex und Semmelknödel. Ein Araber ergründet die österreichische Seele. edition a, 2020

PS: Wir sind noch mitten in der Finanzierung dieses filmischen Abenteuers. Der Film soll im Frühjahr 2021 im Rahmen von ‚100 Jahre Salzburger Festspiele‘ auf ORF III ausgestrahlt werden. Wer diese Filmdokumentation und damit auch das Tun von fairMATCHING unterstützen will, ist herzlich willkommen!

Unser neues Format: TREFFPUNKT

Trotz Corona, oder sollten wir sagen, wegen Corona, haben wir uns im  Frühsommer 2020 dazu entschlossen, unser oft schon andiskutiertes Format “TREFFPUNKT” in die Tat umzusetzen. Auch, weil uns die Gespräche mit unseren Bewerber*innen zeigten, wie wichtig gerade in Zeiten wie diesen der direkte (physische) Austausch ist.

Die Corona-Kollatoralschäden waren im Mai 2020 bereits unübersehbar. Der wochenlange Entzug von sozialen Kontakten in der Arbeit, über Kurse oder die gelebte Nachbarschaft hatte zur Konsequenz, dass das ohnehin schon kleine Angebot, um Deutsch zu üben, für unsere Bewerber*innen komplett weggebrochen ist. Die Menschen waren auf sich alleine gestellt und haben den sprachlichen Rückschritt selbst schnell bemerkt, was für beide Seiten frustrierend war.

Deshalb war uns nach dieser langen Durststrecke ohne persönliche Kontakte klar, dass wir unsere Präsenz wieder forcieren wollen und die Bewerber*nnen dort abholen, wo sie gerade stehen – natürlich mit allen Corona-bedingten Auflagen, die so ein Zusammenkommen sicher machen.

Der erste TREFFPUNKT am 30. Juli zum Thema „Deutsch sprechen üben“ zeigte uns, dass dieses Format genau richtig für diese Zeit ist und ein wesentliches Bedürfnis adressieren kann: Wenn Menschen zusammentreffen, um sich gegenseitig zu unterstützen und ihr in der Praxis erworbenes Know-how weiter zu bringen und jede/r gleichzeitig vertrauensvoll so sein kann, wie er/sie ist, ensteht eine Dynamik, die für unsere Arbeit immer schon zentral war.

Vielleicht war es auch die Tatsache, dass wir alle schon so hungrig nach sozialem Austausch waren. Oder auch das Thema, das für viele so wichtig und alltäglich ist – gepaart mit dem besonderen fairMATCHING-Spirit, der bei solchen Treffen wesentlich zum Erfolg beiträgt. Wahrscheinlich war es von allem ein bisschen, was uns diese Gänsehautmomente beschert hat, von denen wir nun zehren können.

Solche Gänsehautmomente schaffen genau jene Energie, die überspringt, wenn tolle Menschen zusammenkommen und ihre Erfahrungen teilen. Und sie sind wesentliche Momente für die Weiterentwicklung unseres matchBOX-Gedankens, der weit über die Arbeitsvermittlung hinausgeht und zum Ziel hat, dass die von uns betreuten Menschen, zu aktiven und gestaltenden Teilen unserer Gesellschaft werden.

Unser Dank gilt allen, die dabei waren! Für solche Momente leben wir.

Lasst uns gemeinsam diesen Raum gestalten. Einen Raum, in dem wir nicht nur miteinander reden, sondern auch miteinander tun.

Von einer Titelgeschichte, die es nicht gibt

DIE Titelgeschichte im letzten “FALTER”, die es nicht gibt, erinnert mich daran, wie die Zeit vergeht. Der Sommer 2015, als alles begann, ist schon fünf Jahre her. Der FALTER bringt ein paar um Ausgewogenheit bemühte Zahlen und will wissen, was aus den „Gutmenschen“ von damals geworden ist, die aus der Zivilgesellschaft kamen und maßgeblich dafür verantwortlich waren, dass die Flüchtlingswelle bewältigt werden konnte. Ein bisschen halbherzig, finde ich, für einen Untertitel, der großes ankündigt: „Wie der Flüchtlingssommer vor fünf Jahren Österreich veränderte“. Die GESCHICHTE dazu verlor sich offenbar in den druckfahnen.

Ich weiß schon, das Wort „Flüchtlingswelle“ sollte man nicht verwenden, genauso wie „Flüchtlingsstrom“ oder gar „Flüchtlingsflut“, weil das ja negative Konnotationen und vor allem – was in diesem Zusammenhang immer wieder betont wird – negative Lösungsansätze wie Dammbau, Befestigungen oder Wellenbrecher evoziert. Aber es war halt nun einmal ein plötzliches historisches Ereignis, das über uns hereingebrochen ist (für die Politik war die Entwicklung übrigens vorhersehbar, nachdem 2014 die Gelder der UN für die Lager im Libanon und in Jordanien drastisch gekürzt worden sind) und sich nicht langsam ankündigte. Ein Ereignis, für das metaphorische Bezüge wie Flut und Welle besser passen als politisch zwar korrekte, aber schwammige Begriffe wie „Fluchtbewegung“ oder „Migration“. Die nicht weniger problematisch sind: Denn wo hört Migration auf und wo beginnt Flucht?

Dazu noch einmal die Zahlen: 2015 waren weltweit zirka 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon elf Millionen Menschen aus Syrien. Vier Millionen von Ihnen suchten außerhalb ihres Landes Schutz. Davon kamen wiederum knapp eine Million nach Österreich (90.000) bzw. Deutschland (890.000). Doch Vorsicht! Die Zahl 90.000 bezieht sich auf die Asylanträge. Tatsächlich Asyl in Österreich erhielten in den letzten 5 Jahren zirka 70.000 Menschen aus Syrien, Afghanistan, Irak oder dem Iran. Das ist nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung. Oder einer von 125 Menschen in einem Kinosaal.  

2015: Szene 1

Salzburger Hauptbahnhof. September 2015. Ich bin zufällig hier und sehe einen Zug einfahren. Der Bahnsteig ist überfüllt mit Menschen. Es ist ein Flüchtlingszug. Als die ersten Flüchtlinge aussteigen, wird geklatscht. Auf den Transparenten steht „Flüchtlinge Willkommen“ und die Menschen beklatschen die aus zögernd aus dem Zug Steigenden. Mein erster Impuls: „Das kann nicht gut gehen. Das ist nicht angemessen.“ Für mich hatte es etwas von einem surrealen Theaterstück als ich versuchte, mich in die Menschen hineinzufühlen, die hier am Bahnsteig gestrandet waren. Geflüchtet, vertrieben aus ihrer Heimat, aus einem Kriegsgebiet mit oft nur einem Sackerl in der Hand, stehen sie da und können nicht einordnen, was hier gerade abläuft. Applaus. Wohlgemerkt: Das war damals nicht nur blauäugig. Das war auch zu verstehen als klare Kampfansage im politischen Diskurs – gegen die, die glauben, das Problem wäre lösbar, indem man die Festung Europa dicht macht. Das ging damals nicht und das geht auch heute nur auf Kosten derer, die unsere Hilfe brauchen.

2015: Szene 2

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Wenige Wochen später im November 2015. An der Grenze zu Freilassing. Es ist 3 Uhr früh. Ich bin am Grenzübergang Freilassing. Im letzten Zelt, bevor es über die Brücke nach Deutschland geht. Draußen ist es noch dunkel. Kalt. Alle halbe Stunde verlassen 30 Menschen dieses Zelt und 30 neue kommen. Meine offizielle Aufgabe hier ist es, für einen geordneten Ablauf zu sorgen. Wir haben eine Kinderecke eingerichtet, mit Decken und ein paar Spielsachen. Die Erwachsenen danken es uns mit Blicken. Viel wird nicht geredet. Was wir geben, ist Augenhöhe. Respekt. Verständnis. Ein Lächeln hier. Eine kleine Geste dort. In dieser Nacht durchschneide ich bei zirka 500 Menschen das Armband und öffne das Zauntor, damit sie über die Brücke gehen. Schüttle Hände – sage „Good Luck“ wie ich es noch nie gesagt habe. Ein kleines Mädchen, dem ich zuvor ein Blatt Papier und Stifte reichte, dreht sich um und läuft noch einmal zurück. Zu mir. Steckt mir ein Bild zu, das sie im Zelt gezeichnet hat und lächelt. Ich sehe nur Wasser und Menschen. Im Wasser. Ohne Boot. Rechts oben ein Sonnenfleck. Ich bin bestürzt. Umarme sie. Danke! Was werden wir unseren Kindern erzählen? Was machen wir hier? Was wir tun können, ist begrenzt. Aber es gibt Kraft, als freiwilliger Helfer Teil von einer Zivilgesellschaft zu sein, die menschlich handelnd vorangeht.

Im Herbst 2015 hatte man kurze Zeit das Gefühl, dass das Schüren von Ressentiments gegenüber Schutzsuchenden in diesem Land nicht mehrheitsfähig ist. Das hat sich geändert. Grundlegend. Bald schon wurden Obergrenzen eingeführt und hässliche Bilder bewusst in Kauf genommen. Über die Köpfe der Geflohenen und Schutzsuchenden hinweg. Im Namen eines grausamen Spiels, das ich geostrategisches Domino nenne. Wo Domino gespielt wird, gibt es einen ersten Stein. Und eine lange Schlange aus Steinen. Und irgendwo am Ende der Schlange da erwischt es Menschen. Da werden Menschen begraben und Hoffnungen. Doch es war kein Spiel, das an der mazedonischen Grenze in Idomeni gespielt wurde. Das war reales Tränengas. Das war reale Gewalt.

2015: Szene 3

Weiter nach Lesbos. Zu den Bergen von Schwimmwesten, die sich an der Küste türmen. Zu den Fischern, die seit Juli 2015 beinahe täglich tote Menschen aus dem Meer ziehen; und wenn sie Menschen in Seenot helfen womöglich der Schlepperei bezichtigt werden. Hier an den Rändern zeigt Europa sein wahres Gesicht. Hier konnte man sie sehen, die Dominoeffekte, mit denen Spin-Doktoren die politische Debatte gestalten, ohne an Lösungen interessiert zu sein.

Frauen, Männer, Kinder. So viele Kinder. Traumatisiert. Verzweifelt. Tot. Unerträgliche Bilder, die sich eingebrannt haben, wie das des 3-jährigen toten Jungen am türkischen Strand. Mit rotem T-Shirt und kurzer blauer Hose. Das Gesicht im Sand vergraben. Sein Name war Alan Kurdi. Ich muss ihn hier sagen. Es ist schwer hinzuschauen. Aber wohin sollen wir schauen? Überall werden sie angespült. Menschen, die alles zurückgelassen haben. Hals über Kopf geflohen sind, auf der Suche nach dem Silberstreif am Horizont, der sich Hoffnung nennt. Noch immer.

fairMATCHING – eine Idee, die zündet

Wenn ich über die Anfänge von fairMATCHING schreibe, muss ich auch darüber schreiben. Ich kann und will diese Bilder und die Geschichten, die sie erzählen, nicht vergessen. Flucht beginnt dort, wo Menschen fliehen. Hals über Kopf. In der Nacht, weil sie um ihr Leben fürchten; weil sie verfolgt werden; weil es kein Wasser mehr gibt, das sie trinken können; weil sie Kinder haben, die seit Monaten keine Schule mehr besuchen konnten; weil Existenzen auseinanderbrechen und die Hoffnung verschwunden ist. Die Situation war extrem damals. Extrem aufgeladen. Und wir? Wir wollten was tun!

Und wir tun noch immer: Seit 2016 begleiten wir Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund individuell und auf Augenhöhe auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt. Weil wir davon überzeugt sind, dass Arbeit ein Motor sein kann, um sich in einem neuen Land zurechtzufinden und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Als wir Ende 2015 mit unserem Ansatz ins kalte Wasser sprangen, gab es überall Flüchtlingsheime und unsere Arbeit bestand zum großen Teil im Sondieren der Situation. Unter den Geflüchteten von damals finden sich heute Menschen und Freunde, die in Österreich Karriere gemacht haben, was zeigt, dass Integration langsam in die Tiefe geht. Die UNHCR verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „Naturalization“ als Maßstab für gelungene lokale Integration. Ende Dezember 2018 beschließt sie in diesem Zusammenhang einen New Deal, den sie Global Compact on Refugees nennt, mit der „Stärkung der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der geflüchteten Menschen“ als einen von 4 Eckpfeilern. Es hat sich viel getan, hierzulande. Und trotzdem: das Sterben an den Grenzen von Europa hat nie aufgehört, auch wenn es aus den Medien verschwunden ist.

Auch wir haben damit leben gelernt. Wir reden nicht darüber, was an den Rändern von Europa passiert oder was am Balkan gerade abläuft. Wir reden nicht von der unzumutbaren Situation Tausender Kinder auf Lesbos oder Chios. Wer reden nicht mehr über den Krieg in Syrien. Oder das Regime in Afghanistan. Wir echauffieren uns nicht mehr darüber, dass Österreich es nicht schafft, in Zeiten von #corona ein Zeichen zu setzen und wie Deutschland und andere halbwegs zivilisierte Länder ein paar Kinder aus den total überfüllten Flüchtlingslagern aufzunehmen. Wir haben uns damit abgefunden, dass wir nach außen hin nicht menschlich handeln, weil das unser Land für Menschen, die sich auf der Flucht befinden, attraktiv machen würde. Und wir leiden. Wir leiden unter dieser unerträglichen, von oben aufgezwungenen Logik genannten Schizophrenie wie die Hunde. Weil wir insgeheim wissen, dass damit unsere Loyalität zu einem Land, das wir lieben, auf dem Spiel steht. Und weil wir wissen, dass “die hermetische Schließung der Südgrenze Europas durch die EU eine Liquidierung des Asylrechts ist und damit ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit”, wie Jean Ziegler es auf den Punkt bringt.

Aber zurück zu fairMATCHING. Und dorthin, wo wir Dinge in die Hand nehmen und gestalten können. Wir sind seit 2018 Partner des AMS, weil wir bewiesen haben, dass individuelle Begleitung auch in Zahlen messbaren Erfolg bringt. Und zwar nachhaltigen. Und weil wir jeden Tag aufs Neue versuchen, unser Angebot anzupassen. Zu adaptieren. Zu optimieren. Wir sind erfolgreich, weil wir uns nie hinter Maßnahmen verstecken, sondern immer den Dialog suchen. Vorbehaltlos. Wir sind erfolgreich, weil wir über den Tellerrand schauen, das heißt, auch das sehen, was nicht unmittelbar mit unserer Kernaufgabe zu tun hat. Weil wir Menschen nicht auf einen Aspekt reduzieren, sondern versuchen, sie in ihren Bedürfnissen ganzheitlich ernst nehmen. Das schafft jene Beziehungsqualität, wo das Miteinander gedeiht.

Outside-the-Box

Dieses Denken „Outside the box“ war und ist auch die Vision von fairMATCHING –, weil es uns von Anfang an nicht nur um Arbeitsvermittlung ging, sondern um das dynamische Verhältnis von Arbeit UND Integration, wie es unsere Tagline „Arbeit als Motor für Integration“ nahelegt. Arbeit kann Integrationsmotor sein, muss es aber nicht. Arbeit kann bestehende Schwierigkeiten auch zuspitzen, Isolation verschärfen, wenn Vorurteile das Sagen haben oder/und es keinen Raum gibt, in dem man/frau wachsen kann. Genauso wie Familie Schutz sein kann und Rückzugsort, aber auch Gefängnis, wenn Frauen mit Fluchthintergrund sich entschließen, ihren eigenen Weg zu gehen und kulturelle Festschreibungen dabei mitunter den Atem nehmen.

Vor diesem Hintergrund haben wir Arbeitsvermittlung niemals als isoliertes Ziel gedacht, sondern immer auch auf das Rundherum geschaut und darauf, wie diese Arbeit sich für den Einzelnen anfühlt; was durch Arbeit passiert; ob sie beflügelt oder niederhält; ob sie isoliert; ob sie Erfahrungen zementiert oder neue Möglichkeitsräume öffnet; ob sie Menschen festschreibt auf einen Status Quo oder ob sie die Potenziale sieht, die brach liegen, und diese entwickelt.

Unser richtungweisendes EU-Projekt FRAUEN MUT MACHEN, das wir 2018 und 2019 durchführten, war in dieser Hinsicht genauso wichtig, wie das unsere Arbeit flankierende Erzählprojekt VON WO ICH MICH SEHE oder unsere zahlreichen, etwas profaneren JOB-SPEED-DATING-Events.

Unser Denken „Outside the box“ brachte es auch mit sich, dass wir im letzten Jahr – angeregt durch die Berührung mit europäischen Grass-Roots-Projekten – das für uns Zusammengehörende – Arbeit UND Integration – in einem neuen Anlauf trennten und als Replik auf die reale Situation provokativ zuspitzten: „Arbeit und?...“ versucht in aller Entschiedenheit die Frage zu beantworten, was „Arbeit“ dem Einzelnen in seiner konkreten Situation bringt und was „trotz Arbeit“ im Sinne eines guten Zusammenlebens zu tun bleibt.

Konkret stellten wir uns ganz entschieden die Frage, wie die Kluft, die sich immer wieder zwischen der Vermittlung von Arbeit und der Entwicklung in Richtung aktiver und vollwertiger Bürgerschaft auftut, nachhaltig zu schließen ist. Denn das ist der wunde Punkt, der uns auch nach fünf Jahren noch zu schaffen macht: Dass geflüchtete Menschen hierzulande zwar allerhand Zuwendungen erfahren, jedoch dort, wo sie nicht mehr empfangen, sondern in die Gestaltung gehen wollen, die gläserne Decke spüren, die sie an der selbstbestimmten Verfolgung ihres Wegs hindert.

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Unsere Antwort darauf heißt “matchBOX”  

Ein Raum, in dem wir nicht nur miteinander reden, sondern auch miteinander tun.

Ein Raum, in dem wir unsere Kernkompetenzen der Arbeitsvermittlung reflektieren und ausbauen können. Und gleichzeitig ein Raum, in dem wir über den Tellerrand schauen und aus der Praxis heraus entscheidende Mosaiksteine für ein gelungenes Zusammenleben mitgestalten können. Arbeit und! …  

Ein SOCIAL HUB, der als Inkubator oder Brutkasten für das Land Salzburg fungiert, indem soziale Innovation sich niederschwellig erproben kann. Ein zugleich dialogischer und experimenteller Raum, der ergebnisoffen, niederschwellig zugänglich und brückenschlagend ist. Ein Raum, in dem neue Formate entwickelt und durchgespielt werden können. Und ein Raum, der natürlich nur extrem partizipativ funktionieren kann, wenn NEWCOMER oder NEUANKÖMMLINGE als aktive Gestalter ernst genommen und in ihrer Selbständigkeit gefördert werden sollen. Gleichzeitig aber auch ein Raum, der die Schnittstelle bildet zu ganz konkreten Anforderungen des Arbeitsmarktes.

Ein Raum, der auf folgenden 4 Säulen errichtet werden soll:

1)    Participation & Empowerment – die matchBOX als co-kreatives, dialogisches Projekt, das NEWCOMER von Anfang aktiv mitgestalten.

2)    Social Innovation – die matchBOX als Ort, wo niederschwelliges Miteinander-Lernen, Erfahren, Erproben und Experimentieren möglich ist.

3)    Open Space – die matchBOX als offener Raum für neue Formate, Ideen, Menschen und Aktivitäten.

4)    Information & Guidance – die matchBOX als Informationsdrehscheibe und Ort der Arbeitsvermittlung, Beratung, Begleitung, Führung (Guidance), der auch von anderen Stakeholdern genutzt werden kann.

Dieser Text ist auch ein Aufruf. Macht mit! Meldet euch! Teilt die Kunde. Es ist Zeit, dass wir noch viel entschiedener die Welt und unser Salzburg miteinander gestalten.

Wir freuen uns auf jede Stimme!

Wolfgang Tonninger

Endlich wieder face2face beraten!

Good News für Arbeitsuchende mit Migrationshindergrund, Geflüchtete oder Drittstaatangehörige: Ab 18.5.2020 können wir wieder persönliche (Erst-)Gespräche führen.

Seit 16. März 2020 durften wir aufgrund der Corona COVID-19 Sicherheitsvorkehrungen keine persönlichen Beratungsgespräche mehr durchführen. Es war für uns, aber vor allem für die Menschen, die wir betreuen, nicht leicht, die aktuelle Lage, die wirtschaftlichen Folgen, den Einbruch des Arbeitsmarktes und die Regierungsmaßnahmen ohne persönlichen Kontakt zu kommunizieren. Vieles geht beim Telefonat verloren, das wurde uns in dieser Zeit noch mal mehr bewusst. Gerade Menschen, die Deutsch als Zweitsprache sprechen, tun sich erheblich leichter, die Sprache und die Bedeutung des Gesagten zu verstehen, wenn sie die Mimik und Gestik miteinbeziehen können.

Doch nun ist es endlich so weit: Ab 18.5.2020 dürfen wir wieder persönliche (Erst-) Gespräche führen. Selbstverständlich mit den üblichen COVID-19 Sicherheitsvorkehrungen: Mund-Nasen-Maske, Hände desinfizieren und Abstand halten. Bitte unbedingt einen Termin vereinbaren, da wir nur eine bestimmte Zahl an Plätzen haben.

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!

Katrin, Silke und Astrid

 

Bitte einen Beratungstermin unter:
☎️ +43 650/910 09 95 oder per Mail unter
📧 info@fairmatching.com vereinbaren

Wichtige #corona Infos

Liebe KundInnen,
wir können uns vorstellen, dass Ihr viele Fragen rund um das Leben und Arbeiten in Zeiten von #corona habt. Und wir können uns gut vorstellen, dass ihr darüber am liebsten in eurer sehr vertrauten Sprachen reden wollt.

Deshalb möchten wir hier auf eine Hotline des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) hinweisen, die in 9 Sprachen verfügbar ist.

Deutsch +43 1 7151051 411
Englisch +43 1 7151051 403
Arabisch +43 1 7151051 400
Dari Farsi +43 1 7151051 401
jeweils Montag bis Donnerstag 10-14 Uhr, Freitag 9-13 Uhr

Somali +43 1 7151051 402
Montag, Dienstag, Donnerstag 10-14 Uhr, Freitag 9-13 Uhr

Französisch +43 1 7151051 405
Montag 10-14 Uhr, Freitag 9-13 Uhr

Türkisch +43 1 7151051 406
Montag 10-14 Uhr, Freitag 9-13 Uhr

Rumänisch +43 1 7151051 409
Mittwoch 10-14 Uhr

Bosnisch, Kroatisch, Serbisch +43 1 7151051 410
Montag bis Donnerstag 10-14 Uhr

Weitere Informationen auf arabisch: Weitere Informationen auf persisch:

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